© Becker Fimpel Rinn

International Climbing Meet in North Wales

23.04.2025

Ein Bericht vom 2. Internationalen Klettertreffen am 5. – 12. April 2025 zwischen dem DAV Wetzlar und BAC/Alpine Club London. Das 1. Klettertreffen fand 2023 in der Pfalz statt. Im April 2025 folgte nun der erste Gegenbesuch in Wales.

Ein internationales Austauschtreffen unter Kletterern aus verschiedenen Ländern ist in den heute ohnehin angespannten Zeiten europäischer Identitätskrise, großen nationalen politischen Umstürzen und den Spätfolgen des Brexits wichtiger den je. Ein Austausch auf internationaler Ebene, noch dazu unter Gleichgesinnten mit derselben Begeisterung und Leidenschaft für den Bergsport, ist eine hervorragende Gelegenheit, um über den eigenen Tellerrand zu schauen, sich über bergsportliche Traditionen & Unterschiede auszutauschen und voneinander zu lernen. Es gibt so vieles was uns eint, und die Unterschiede bieten viel Potential zur Erweiterung des eigenen Horizontes – fantastische Voraussetzungen also für eine spannende Woche.

Der Snowdonia-Nationalpark im Norden Wales ist eine der niederschlagreichsten Regionen Großbritanniens. Kein Wunder also, dass auf unserer Ausrüstungsliste wetterfeste Bekleidung ganz weit oben stand. Doch als es ans Packen ging war klar, dass dank des beständigen Hochdruckeinflusses umdisponiert werden musste. Statt GoreTex-Jacke und -Hose waren Sonnenbrille, Sonnencreme und T-Shirt angesagt, denn uns stand eine Woche lang perfektes Sonnenwetter bevor. Wir (das sind Fabi Jacobi, Konrad Becker, Kevin Rick, Fritz Fimpel und Micha Rinn) machten uns auf den Weg nach Manchester, wo uns eine britische Delegation am Flughafen empfing. Gemeinsam ging es von dort im Auto weiter in den Norden von Wales nach Nant Peris zur Fronwydyr Climbing Hut, unserer Unterkunft für diese außergewöhnliche Woche.

Die Felswände im gut 2000 qkm großen Snowdonia-Nationalpark spielen eine bedeutende Rolle in der Geschichte des britischen Alpinismus. Am Clogwyn Du'r Arddu südlich des Pen-Y-Pass wurde bereits 1798 geklettert, auch Sir Edmund Hillary trainierte in späteren Jahren am Snowdon für seine Besteigung des Mount Everest. Geklettert wird hier überwiegend an rauem vulkanischem Rhyolith, einem kristallinen Quarzporphyr. Die Felswände sind von langen Rissen durchzogen, neben sehr guten Riss- und Verschneidungslinien in allen Facetten gibt es auch anspruchsvolle Reibungskletterei. Die Absicherung in den klassischen Gebieten ist entsprechend den hohen kletterethischen Standards auf der Insel typisch britisch, also selbst anzubringen.

Eine Woche lang waren wir in täglich wechselnden internationalen Seilschaften in unterschiedlichen Gebieten unterwegs. Dank unserer britischen Freunde Nick Simons, Nigel Bassam, Adèle Long, Adam Butterworth, Gus Morton, Phillip Benson und Rob Gates, die sich vor Ort bestens auskannten und uns auf ihre offene und herzliche Art die Besonderheiten des Klettergebietes näherbrachten, konnten wir an den wichtigsten Felsen etliche der bedeutendsten Routen klettern.

Am Llanberis Pass kletterten wir an Dinas Mot, Clogwyn y Grochan sowie am legendären Dinas Cromlech, einem Felsen, an dem schon seit Generationen Geschichte durch immer schwerere Routen geschrieben wird. Hier befinden sich auch einige der besten Routen von ganz Wales.

In Ogwen bestiegen wir über verschiedene Routen den markanten Tryfan mit seinen beiden Gipfelmonolithen Adam & Eve. Im Nachbartal kletterten wir einen Tag lang in Tremadog an Craig y Castell und Upper Tier. Außerdem waren wir im Dinorwic-Steinbruch bei Llanberis aktiv, einem der größten Schiefersteinbrüche der Welt. Der Steinbruch ist seit Ende der 60er Jahre nicht mehr in Betrieb und heute ein hervorragendes Klettergebiet. Die Kletterei im kompakten Schiefer ist sehr kleinleistig, die Absicherung der Routen mit Microcams und kleinen Messingkeilen aber sehr gut möglich.

Selbstverständlich waren wir auch an den Küstenklippen von Gogarth klettern. Während wir die wohl bekannteste Mehrseillängenroute Großbritanniens "A Dream of White Horses" kletterten, konnten wir von den Standplätzen aus die Robben im Meer beobachten.

Auch ein Besuch des Pas y Brenin National Outdoor Centers sowie des legendären Pen y Gwryd Hotels mit feinem walisischem Abendessen standen als Highlights auf dem Programm. Heute kann man in dem Hotel, im dem sich Sir Edmund Hillary und Tenzing Norgay über viele Jahre trafen, die Ausrüstung der Erstbesteiger des Mt. Everest besichtigen.

Mein herzlicher Dank geht an Nick Simons, der mit sehr viel Herzblut dieses Treffen auf britischer Seite organisierte und maßgeblich dazu beitrug, dass das Event ein großer Erfolg für alle Teilnehmer wurde. Wir haben in dieser Woche bei hervorragendem Wetter ein grandioses Klettergebiet kennengelernt und konnten dank unserer Gastgeber einige Facetten in der großen Geschichte des britischen Alpinismus entdecken. Zusammen haben wir tagsüber sehr viel Spaß beim Klettern gehabt und uns abends bei Vorträgen und gutem Pfälzer Wein intensiv ausgetauscht. Aber viel mehr noch, wir haben Freunde gefunden, mit denen wir dieselbe Leidenschaft teilen, völlig unabhängig von verschiedenen Sprachen. Sich auf dieser Ebenen zu begegnen, war für uns in jeder Hinsicht bereichernd.

Das nächste Internationale Klettertreffen findet 2027 statt.

Text: Micha Rinn // vertikale-welten.de
Fotos: Konrad Becker, Fritz Fimpel, Micha Rinn